Einfamilienhäuser in Mahsldorf

Wohnungsbedarf in Berlin und Marzahn-Hellersdorf

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Die geplante Verdreifachung von Wohneinheiten im Umfeld der Bisamstraße soll die Antwort auf „den dringend benötigten bezahlbaren Mietwohnungsbau für die Stadt und ihre Bewohner“ sein. Ein näherer Blick zeigt: Ein Großprojekt in Mahlsdorf erscheint hierfür denkbar ungeeignet. Es zielt am Bedarf vorbei und sorgt für mehr Probleme, als es löst.

Das Berliner Immobilienunternehmen Guthmann hat sich dieser Tage ganz intensiv mit der Bedarfsfrage auseinandergesetzt. Im Marktreport Berlin Immobilien 2021 wurden unter anderem diverse Daten vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg aufbereitet und eindrücklich visualisiert.

Betrachtet wurde unter anderem die Höhe des zusätzlichen Bedarfs an weiterem Wohnraum je Stadtbezirk: der sogenannte Nachfrageüberhang. Demnach besteht – nach Köpenick – gerade in Marzahn-Hellersdorf der geringste Bedarf an zusätzlichem Wohnraum. Zum Vergleich: im Wedding und in Charlottenburg liegt der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum beim Drei- bis Vierfachen.
Gleichzeitig ist Marzahn-Hellersdorf der Bezirk, in dem -nach Lichtenberg- die meisten zusätzlichen Wohneinheiten im Jahr 2019 geschaffen wurden. Im Berliner Maßstab ist Marzahn-Hellersdorf ein Bezirk in dem, trotz geringem Nachfrageüberhang, im Jahr 2019 überdurchschnittlich viele Wohneinheiten geschaffen wurden.

Im Übrigen liegt laut Guthmann der durchschnittliche Mietpreis für Wohnungen in Marzahn-Hellersdorf mit 7,85€/qm deutlich unter dem Berliner Durchschnitt.

Berliner Wohnraumsituation passt nicht zu Marzahn-Hellersdorf

Der Detailbericht zu Marzahn-Hellersdorf lässt aber noch mehr erkennen. Im Jahr 2019 sind insgesamt 15.597 Menschen in unseren Bezirk gezogen. Gleichzeitig verließen 19.831 Menschen Marzahn-Hellersdorf. Folglich wanderten 4.200 Menschen mehr aus dem Bezirk, als hinzugezogen sind. Der städtische Bedarf an Wohnraum kann demnach offensichtlich nicht durch noch mehr Wohneinheiten in Marzahn-Hellersdorf gedeckt und kompensiert werden.

In der Summe erscheint das von der degewo AG geplante Großbauprojekt in einer Ein- und Zweifamilienhaussiedlung schlichtweg am Bedarf vorbei gedacht.

Die Firma Guthmann erkennt in Ihrer Analyse aber durchaus Bedarf, nämlich im stark nachgefragten Bereich der Familienhäuser, die im Bezirk ca. 2/3 der Gebäudestruktur ausmachen. Praktisch, dass im Umfeld der Bisamstraße bereits etwa 100 Grundstücke parzelliert und mit Wasser, Strom, Gas und Glasfaser erschlossen sind. Bereit für weitere Familien, die durch ihren Umzug aus dem Stadtkern ganz nebenbei die dortige Wohnungssituation entlasten.

Unglücklich wäre, wenn diese bereits getätigten Investitionen in detaillierte Erschließungsmaßnahmen nun überflüssig wären und vielleicht sogar noch zurückgebaut werden müssten. Investitionen in zusätzliche Wohneinheiten erscheinen in fast allen anderen Berliner Bezirken weitaus notwendiger; ganz ungeachtet der problematischen Infrastruktur im Umfeld der Bisamstraße.

Letztlich findet eine solche Wohnungsbaupolitik von Senat und degewo AG auch auf dem Rücken des Bezirks Marzahn-Hellersdorf statt. Der Bezirk wird nämlich bei der notwendigen weiteren Infrastruktur allein gelassen. Der bezirkliche Verweis, dass auf dem Papier „aus planungsrechtlicher Sicht kein zusätzlicher Bedarf erzeugt“ wird, ist deshalb fast verständlich. Allerdings erträgt diesen Hinweis auf die bereits erstellte Infrastruktur nur das Papier geduldig, denn gemeint ist damit der bereits erfolgte Bau einer Kita mit 80 Plätzen und einer Warteliste wie ein Telefonbuch.